Mit sechs Rundgängen durch verschiedene Abschnitte des Sanierungsgebiets hat am 18.4.2015 die Bürgerbeteiligung für die Parkstadt Süd begonnen – jenen riesigen neuen Stadtteil, der in den nächsten 20 Jahren am südliche Rand der Innenstadt entstehen soll, auch dort, wo jetzt NeuLand steht. Wir waren dabei bei Rundgang Nummer 3, der Großmarkt-Tour. Dort wird ab 2020, wenn die Mietverträge auslaufen, Stadtbaugeschichte geschrieben. Aber wie?
Steht einem künftigen Grüngürtel womöglich voll im Weg: Städtisches Gebäude zwischen Großmarkt und Bonner Straße
Das Großmarktgelände ist das Filetstück der künftigen Parkstadt Süd. Nirgendwo sonst wird so viel gebaut werden, kein anderes Gebiet lässt so viele Fantasien sprießen wie dieses Gewirr aus Straßen, Zufahrten, Hallen und Gebäuden. Kein Wunder, dass sich unter die Gruppe von Rundgang-Teilnehmern auch Projektentwickler gemischt haben. Die von „Moderne Stadt“ sind da: Die Rheinauhafen-Macher von damals wollen die Parkstadt-Macher von morgen sein.
Wir erinnern uns. Der Rheinauhafen ist ein sozial und ökologisch misslungenes Stadtbauprojekt. Er ist einer der Gründe, warum sich NeuLand 2011 formiert hat: Um zu verhindern, dass zwischen Südstadt und Zollstock, zwischen Uni und Rhein ein neuer Rheinauhafen entsteht. Der Rheinauhafen lebt nicht, und das aus purem Kalkül. Trauen wir diesen Entwicklern zu, einen lebendigen, lebenswerten und nachhaltig durchdachten Stadtteil zu wollen?
In diesem Prozess der #ParkstadtSüd-Entstehung wird es darum gehen, wer wann die richtigen Infos hat – und wer die überzeugendsten Visionen. Einige wichtige Infos (wem gehört hier welches Stück Land, wie lange gehen die Mietverträge zu welchen Konditionen?) haben diese Projektentwickler längst: Ihr Chef ist der bestens informierte Ex-Baudezernent Bernd Streitberger, dessen ehemaliger Referent, Andreas von Wolff, als ebenso gut informierter Rentier hier mitläuft und Auskunft gibt.
Gut informierter Rentier: Andreas von Wolff vor der Großmarkthalle
Uns teilnehmenden Bürgern wird das Wissen nur häppchenweise und in kleinen Ausschnitten zur Verfügung gestellt. Das liegt schon am Aufbau der Route. Die „Scouts“ führen uns nicht direkt auf das Marktgelände, sondern erstmal außen herum, den gesamten Bischofsweg entlang. Erst nach einer halben Stunde gelangen wir zum Haupteingang. Wir haben keine Zeit, uns das gesamte Gelände anzuschauen, uns einen Überblick über das Innenleben des Markts zu verschaffen.
Dafür wartet eine Flut von Infos über die Großmarkthalle auf uns: Der ehemalige Marktvorsteher und der Denkmalschützer der Stadt berichten von der architektonischen, historischen und wirtschaftlichen Bedeutung des 1936 erbauten Gebäudes, das teilweise auf einem ehemaligen jüdischen Friedhof steht. Was immer auch die imposante Beton-Hülle mit dem maroden Keller eines Tages beherbergen wird – ob Jugendzentrum, Bauernmarkt, Museum, Multizweckhalle, Einkaufsmall oder alles zusammen – es wird das Herz des neuen Stadtteils sein.
Ein Blick noch auf den Bunker, die Info, dass östlich der Halle im Boden das geschliffene „Fort Nikolaus“ vermutet wird – dann ist die Zeit schon um.
Historischer Schatz unter dem Asphalt: Hier wird „Fort Nikolaus“ erwartet
Wir haben mit keinem der mehr als 5000 Menschen gesprochen, die hier täglich arbeiten. Wir haben mit keinem Mitglied des Schützenvereins geredet, die den Bunker von innen kennen. Wir haben nicht mit den Bewohnern der Übergangswohnheime entlang der Marktstraße gesprochen. Wir haben keinen der zahlreichen Künstler getroffen, die auf dem Großmarkt ihr Atelier haben. Und wir haben nicht diejenigen kennengelernt, die hier angeblich illegal wohnen.
Werden sie im Laufe der Bürgerbeteiligung noch eine Stimme bekommen?