Du kennst es nicht? Du kannst es kennenlernen. Am kommenden Samstag, 2. Juli, ab 15 Uhr bei unserem Sommerfest im NeuLand-Gemeinschaftsgarten. Es gibt einiges, was neu ist. Da muss natürlich als erstes das ganz und gar amtliche Dach über dem neuen Foodsharing-Schrank nennen, das Nico und Matthias mit ihrem reizenden Assistenten Stefan gebaut haben. Neu in diesem Jahr ist am Samstag übrigens auch das Wetter. Es wird nämlich sonnig. Kaufen könnt ihr dann Gläser mit der ersten Tracht des NeuLand-Honigs. Unsere Bienen haben geliefert: 15 Kilo feinste Bio-Qualität. Übrigens sind die 15 Kilo nur zehn Prozent des gesamten Honigs, den sie in ihren Stock schaffen. 90 Prozent verbrauchen sie selbst. Das ist bei unseren dicken Bohnen nicht so. Von denen sind noch viele für Euch übrig. Wir seh’n uns.
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SOJA – diese vier Buchstaben polarisieren nicht nur beim Geschmack, sondern auch, wenn es um den Anbau geht. Soja gilt als Klimakiller, da insbesondere in Südamerika Regenwald für den Soja-Anbau gerodet wird. Dieses Soja landet jedoch vor allem über den Umweg Tier auf dem Teller. Tofu-Liebhaber können etwas aufatmen. Doch woher kommt das Tofu-Soja? Soja wächst auch bei uns! Die Landessaatzuchtanstalt der Uni Hohenheim und Taifun haben Hobbygärtner deutschlandweit eingeladen, an einem Experiment zum Anbau von Soja teilzunehmen. Das Ziel: Soja nachhaltig, transparent und regional anzubauen. Nach dem Motto „Wer Reis kann, kann auch Soja!?“ macht NeuLand bei dem Experiment natürlich gerne mit. Wir sind gespannt, ob es im Herbst für ordentliche Tofu-Schnitzel reichen wird. Größter Feind des NeuLand-Soja bis jetzt: Bauchfüßler mit und ohne Haus – nach dem ganzen Regen können wir das Wort „Schnecke“ nicht mehr hören.
Im Moment überwiegt bei den NeuLändern natürlich die Wut. Irgendwelche Vollidioten haben nachts zwei Bienenboxen umgetreten. Unser Bienen-Mentor Frank schätzt, dass ein Volk verloren ist. Für das andere bestehe Hoffnung. Aber trotz dieses Rückschlags lassen wir uns natürlich nicht entmutigen. Schließlich ist die Imkerei auf NeuLand von Anfang an eine Erfolgsgeschichte. Bis zu neun Völker haben in den vergangenen Jahren bei uns im Garten friedlich Honig produziert. Bis zu 30 Kilo pro Volk. Einige unserer Imker haben sogar schon schwärmende Völker gefangen und auf NeuLand „einlogiert“. Es geht immer weiter. Frank hält regelmäßig Seminare für bis zu 40 angehende Imker. Eins steht fest: Wir werden uns auf keinen Fall unterkriegen lassen von Schwachköpfen, die wir mit großer Wahrscheinlichkeit sogar kennen. Wir haben bei der Polizei Anzeige erstattet. Vorschläge, wie wir uns darüber hinaus gegen bestimmte Leute zur Wehr setzen, diskutieren wir derzeit intern.
Es gab bei NeuLand mal eine Frau, die hat allerhand schiefe Ebenen aus Brettern gebaut. „Landebahnen für Wirsing“ seien das, teilte sie auf Anfrage mit. Schließlich kreise das Gemüse unablässig im All, immer auf der Suche nach Möglichkeiten, zur Erde zu gelangen. Wir zumindest waren vorbereitet. Jetzt scheint ein UFO bei uns gelandet zu sein. Jedenfalls sieht die ehemalige Kuppel eines Dachfensters so ähnlich aus. Prima Gewächshaus übrigens. Ansonsten startet die Saison, und NeuLand ist mal wieder ziemlich sexy. Fast alle Beetkisten sind vergeben, zahlreiche Neu-Gärtner am Start. Es gibt eine Warteliste für die Kisten. Wir versuchen, es allen recht zu machen. Das Interesse von Menschen aus aller Herren Länder an der Fahrrad-Gang steigt von Mal zu Mal. Und es ist eine Freude zu sehen, wie sich die Menschen über ihre neuen Räder freuen. Da werden manche „ersten Runden“ über NeuLand zum Jubel-Korso.
Mehr als tausend Besucherinnen und Besucher sind vergangenen Samstag ins Studienhaus der Volkshochschule geströmt. In fünf Räumen und dem Festivalcafé drängten sie sich oft in Dreierreihen, um mit Saatgutanbieterinnen und -anbietern, Gemeinschaftsgärten und Ernährungsinitiativen ins Gespräch zu kommen. Das 1. Kölner Saatgutfestival (nach bereits drei Saatguttauschbörsen) hatte NeuLand gemeinsam mit Vertreterinnen anderer Kölner Gemeinschaftsgärten organisiert.
Einen Nachmittag lang wurde in der VHS samenfestes Saatgut getauscht und erworben, gärtnerisches Wissen geteilt und lebendig über Vielfalt und regionale, saisonale Ernährung diskutiert. Am NeuLand-Stand im ersten Stock konnten Kinder mit Andrea basteln, Simon tauschte Saatgut für den Gemeinschaftsgarten ein und Gisela brachte Honig und NeuLand-Infos an Mann und Frau, während Doro unten das Rahmenprogramm mit Vorträgen und Filmvorführung moderierte.
Rahmenprogramm, vollgepackt mit Wissen rund ums Saatgut
Im Vortragsraum herrschte so viel Andrang, dass die BesucherInnen oft nur Stehplätze ergattern konnten. Dr. Susanne Gura vom Verein für Nutzpflanzenvielfalt (VEN) zeigte in ihrem Vortrag, wie bedroht die Sortenvielfalt in Garten und Feld ist, und welche erfolgreichen Ansätze es gibt, um sie zu bewahren. Sabine Lütt, Saatguterhalterin aus dem Hunsrück, teilte ihr praktisches Wissen zu Saatgutgewinnung und Sortenerhalt mit mehr als 70 Besucherinnen und Besuchern. Birgit Scherer-Bouharroun vom VHS Biogarten Thurner Hof warf in ihrem Kurzvortrag Ideen in den Raum, wie jeder und jede im Alltag einen Beitrag für mehr Vielfalt leisten kann. Und mehr als 80 Menschen folgten dem Dokumentarfilmer Valentin Thurn, der die internationalen Entwicklungen auf dem Saatgutmarkt und die Folgen für die Welternährung darlegte und dafür Ausschnitte aus seinem Film“ 10 Milliarden – wie ernährten wir die Welt?“ zeigte. Große Begeisterung fand die Vorstellung seines Vereins von Taste of Heimat und die Idee des Food Policy Councils (Ernährungsrat), der sich am 7.3. in Köln gründen sollte.
Zwischendurch konnten die Besucherinnen und Besucher im Festivalcaféteria im nahegelegenen hdak-Kubus bei Kaffee und Kuchen die Ausstellung „Boden – Grund zum Leben“ des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erleben und an den Ständen der Gemeinschaftsgärten lernen, wie man Seedballs herstellt, Tomaten pikiert und Sonnenblumen vorzieht. Das Festival endete mit der Vorführung des Dokumentarfilms „Die Saatgutretter“ (2013).
Ernährungssouveränität: selbst entscheiden, wie man sich gut ernährt
Saatgut und Ernährung sind Themen, die immer mehr Menschen beschäftigen. Viele kamen nicht nur aus rein gärtnerischem Interesse, sondern auch wegen ihrer wachsenden Sorge vor den globalen Auswirkungen industrieller Nahrungsmittelproduktion. An den Ständen und Tischen, im Café und auf den Gängen drehten sich viele Gespräche um regionale, saisonale, nachhaltige Ernährung und auf welche Weise die Ernährungssouveränität für den Einzelnen, aber auch für die Stadt und die Gesellschaft zurückgewonnen werden kann.
Geplant als Festival der Saatgutvielfalt, wurde das 1. Kölner Saatgutfestival ein Raum vielfältiger Vernetzung zwischen Menschen mit Haus- oder Schrebergärten, GemeinschaftsgärtnerInnen, Lebensmittelherstellern und Lebensmittelgemeinschaften, GastronomInnen und VertreterInnen von Initiativen und Organisationen. Die Saat, die hier die Besitzer wechselte, wird in den kommenden Monaten und Jahren vielfältig in den Gärten und auf den Balkonen von Köln und seinem Umland wirksam werden – wir hoffen, auch in den Köpfen der Menschen.
Es geht wieder los. Zwei Dutzend Neugärtnerinnen und Neugärtner sind unserem Aufruf gefolgt und haben ein Beet in privater Verantwortung und dazu ein Allmendebeet übernommen. Judith, die eigentlich unter einer amtlich diagnostizierten Listenallergie leidet, hat alle Neuen mindestens so amtlich namentlich und mit der Kistennummer erfasst. Alex hat Tipps bei der Auswahl der Pflanzkisten gegeben und das interessierte Publikum anschließend in einem Workshop in die Geheimnisse von Aussaat und Vorziehen eingeweiht. Einige der Neuen legten sofort los und hübschten „ihre“ Kiste auf. Andere arbeiteten Kompost in ihr Beet ein. Die Entschlossenheit, mit der mancher zu Werke ging, hat uns beeindruckt. Ein Neugärtner, der eine in die Jahre gekommene Kiste für sich ausgesucht hatte, weigerte sich beharrlich, statt dieses Exemplars ein nicht reperaturbedürftiges jüngeren Datums zu übernehmen. Die Begründung war denkbar einfach und von keinerlei Zweifeln angekränkelt. Typisch NeuLand eben: „Ich glaube an diese Kiste.“ Wir ab sofort auch.